Menü

Gnadlersdorf

Ortsansicht von Gnadlersdorf

Ortsansicht von Gnadlersdorf

Tschechischer Name: Hnanice

Fläche: 705 ha

Einwohner: 1910: 587 in 122 Häusern (583 deutsch), 1930: 565 in 129 Häusern (452 deutsch), 2010: 323.

heutiger Verwaltungsbezirk: Znojmo (Znaim)

Matriken: seit 1783, davor ab 1637 bei Schattau (Šatov)

Lage:

Gnadlersdorf liegt ca. 6 Kilometer südwestlich der Stadt Znojmo (Znaim) nahe der tschechisch-österreichischen Grenze in 262 m Höhe. Der Ort ist ursprünglich als Längsangerdorf angelegt. Nachbarorte sind Šatov (Schattau) im Osten, Havraníky (Kaidling) im Norden und das niederösterreichische Retzbach im Süden (Grenzübergang Mitterretzbach). Im Westen bzw. Nordwesten ist das Gemeindegebiet durch den Nationalpark/Národní park Podyjí begrenzt.

Geschichte:

Die Benennung „Gnadlersdorf“ wird der Legende nach mit einem „Gnadenort“ in Verbindung gebracht. So soll ein „Wunderbrunnen“ damals Ursache für die Begründung des Wallfahrtsortes gewesen sein. Wissenschaftlich belegt ist, dass der Ort im 13. Jahrhundert unter dem Namen „Gnandlic“, später „Gnanleizdorf“ (1230), auch „Glanwiesdorf“, im 16. Jahrhundert „Gnandelsdorf“, „Knadlesdorf“ (1718), „Gnadl(er)sdorf“ benannt war.

Um das Jahr 1050 war es, dass bayrische Freibauern sich am Danischbach, im Bereich des heutigen Gnadlersdorf ansiedelten. Ob es tatsächlich sieben waren, wie die örtliche Überlieferung wissen will, ist nicht nachweisbar. Jedenfalls haben hier deutsche Bauern als Freisassen, das durch kriegerische Auseinandersetzungen mit Ungarn aber auch durch den böhmischen Krieg von 1039 verheerte Land kultiviert und Weinberge angelegt.

1201 berichtet die älteste Urkunde über „Gnanlic“ oder „Gandlic“, dass ein Rüdgerus dem Kloster Bruck den Weinzehent abgetreten hatte. Im Jahr 1481 wurde die St. Wolfgangskirche genannt. Von 1541 an gehörte der Ort zur Herrschaft Joslowitz (Jaroslavice).
Gnadlersdorf war befestigt und besaß drei Tore. Unter dem Dorf konnten Erdställe nachgewiesen werden.

1581 galt Gnadlersdorf als evangelisch und verweigerte dem Kloster die Zehentabgabe sogar unter Androhung von Gewalt. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde der Ort im Zuge der Gegenreformation wieder katholisch. Die Schweden unter General Torstensson waren bis Kriegsende im Ort und noch vor ihrem Abzug brannte das Kirchendach ab, ob durch Brandstiftung oder Unachtsamkeit ist nie geklärt worden.

von Kaiser Karl VI., von Maira Theresia (1743) und von Kaiser Franz II (1792) bekam Gnadlersdorf jeweils das Recht zur Abhaltung eines Wochenmarktes bestätigt. Unter Joseph II. verlor der Ort als Wallfahrtsort seine Bedeutung und damit eine wichtige Einnahmequelle. Dafür bekam Gnadlersdorf 1784 eine eigene Pfarre. Bis zu diesem Jahr oblag die kirchliche Betreuung beim Stift Klosterbruck (Loucký klášter) und der Pfarrei Schattau (Šatov).

Durch die Napoleonischen Kriege waren bereits 1799 zuerst russische und kaiserliche, dann französische Truppen in Gnadlersdorf. Dabei kam es zu Plünderungen und Brandschatzungen.
Bis 1855 gehörte der Ort zum Gemeindegebiet von Mitterretzbach. Nachdem um 1850 politische Bezirke entstanden waren gehörte Gnadlersdorf zum Bezirk Znaim (Znojmo). Der Ortsteil Neumühlen war noch bis 1898 Bestandteil der Gemeinde Retzbach.

Nach 1918 wurde Gnadlersdorf durch die tschechische Finanzbehörde besiedelt.

Der Zweite Weltkrieg forderte 39 Opfer aus Gnadlersdorf. Drei Kinder kamen im Februar 1945 beim Hantieren mit Handgranaten um.

Vertreibung der deutschen Bevölkerung 1945/46:
Unter unmenschlichen Verhältnissen wurden die deutschen Bewohner 1945 nach Österreich vertrieben, die übrigen ein Jahr später mit 40 kg Gepäck nach Deutschland zwangsweise ausgesiedelt. Ein Teil der Bewohner flüchtete schon davor über die nahe Grenze nach Österreich. Drei Männer wurden von militanten Tschechen erschossen. Ein weiterer starb im Lager Znaim (Znojmo) und einer im Juli 1946 in der Strafanstalt Mürau (Mírov). 185 ehemalige Gnadlersdorfer konnten in Österreich bleiben. Drei Personen wanderten in die Niederlande, zwölf nach Kanada und vier in die USA aus.

Im Mai 2000 wurde von den Vertriebenen eine Gedenkstätte für die Verstorbenen, Gefallenen und Vermissten ihrer Gemeinde in der Kirche von Gnadlersdorf eingeweiht.

Wirtschaft und Infrastruktur:

Landwirtschaft: Von der Grundfläche der Gemeinde bestanden ca. 30% aus Wald. Die Bewohner lebten von Acker- (282 ha), Obst- und Weinbau (105 ha).

Gewerbe: Mühle, Zieglei (bis 1910), Hotel-Restaurant (beliebte Sommerfrische für Brünner und Wiener), Kleingewerbe.

Einrichtungen: Schule (1812 erbaut), tschechischsprachige Schule (1932 errichtet, von 1938-1945 deutschsprachige Schule), Kindergarten, Rathaus, Gemeinde- und Pfarrbücherei, Gemeindehospital im Oberort, zwei Armenhäuser, Milchsammelstelle, Postamt und Bahnstation in Schattau (Šatov), Omnibus, Elektrifizierung (1931), Freiwillige Feuerwehr (1930), Molkereigenossenschaft (1925).

Kulturerbe:

Pfarrkirche St. Wolfgang: weiträumige dreischiffige Hallenkirche. Ältester Teil Brunnenkapelle aus dem 13. Jh., im 17. Jh. stichkappentonnengewölbt. Anschließend kreuzrippengewölbte Kapelle mit 5/8-Schluss aus dem 14. Jh. Kriegergedächtniskapelle mit barockem Altar aus der ersten Hälfte des 18. Jh.
Spätgotisches Langhaus und Westturm mit Wehrgang etwa zwischen 1480/1510 wahrscheinlich von Niklas von Edelspitz erbaut.
Reiches nördliches und südliches Portal 1443 mit Reliefs „Mariae Verkündigung“ und Ecce homo zwischen Engeln; Netzrippengewölbte Sakristei mit Fünfachtel-Schluss um 1500; Nach Brand im 17. Jh. Südschiff kreuzgewölbt, Mittelschiff tonnengewölbt mit Stichkappen; Stern- und netzrippengewölbter Orgelchor mit bemerkenswerter Wendeltreppe. Spätgotische Statuen in den Wanddiensten; spätgotische Kanzel, am Schalldeckel Wolfgangstatue (2. Hälfte 18. Jh.). Spätgotische Marienkrönung um 1500; Taufstein Renaissance erste Hälfte 16. Jh.; Hochaltar Ende 17. Jh.; zwei Seitenaltäre erste Hälfte 18. Jh.; Rokokovitrine mit Prager Jesuskind. Kirchenstühle 1770 und 1790. Spätgotische Schmiedeeisentüren bez. 1496 und 1498, Darstellung einer Brunnenlegende: Ritter mit Pferd. Brunneneinfassung mit unleserlicher Inschrift; im Altar große Steinstatue des hl. Wolfgang um 1490; in der Sakristei Rokokoschrank um 1760; Grab des Abtes Paul von Klosterbruck + 1512. Seitenaltäre sind der hl. Anna und Johann v. Nepomuk geweiht. Mittlere Glocke 1480 von Georg in Brünn (Brno), die große 1650, die kleinste 1747 gegossen.

Kapelle Maria am Stein in den Weinbergen von 1650, im Zuge der Säkularisierungen 1785 abgetragen.

Friedhof von 1735.

Skulpturen, Bildstöcke und Kreuze: Mariensäule oberhalb der Kirche von 1887, Statuen der Hl. Johannes v. Nepomuk und Florian auf der Straßenbrücke im Unterort, Rotes Kreuz von 1791, Eisenkreuz vor der Kirche von 1869, Kreuz am unteren Mühlweg von 1832, „Gespitztes Marterl“ aus dem 17. Jh. an der Kreuzung Znaimer-Fladnitzer Straße, Marterl „Schmerzhafte Muttergottes“ an der Staatsgrenze aus dem 17. Jh.

Literatur:

  • Homola, P. Philipp: Gnadlersdorf, 1966.
  • Mähner, Peter: Gnadlersdorf (Hnanice) ein südmährisches Dorf an der Grenze von 1910 bis 1950, 1999.
  • Černý Jiří: Poutní místa jihozápadní Moravy (Wallfahrtsorte Südwestmährens), Pelhřimov 2005.

Weblinks:

Genealogie:

zurück zum Ortsnamenverzeichnis deutsch,
zurück zum Ortsnamenverzeichnis tschechisch