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Die Karafiats

Der Gründer der verzweigten Brünner Buchhändlerfamilie war Franz Karafiat, eine bedeutende Unternehmerpersönlichkeit.
Franz Karafiat wurde am 19.11.1817 als Sohn des k.k. Verpflegsbäckers Ignaz Karafiat und der Thekla, Tochter des Tuchbereiters Franz Spaczek in Brünn geboren.

Nach Besuch der Lehrer-Präparandie erlernte er den Buchhändlerberuf bei der Brünner Buchhandlung Franz Gastl. Nach Abschluss der Ausbildung 1840 war er in seinen „Wanderjahren“ bei verschiedenen Buchhändlerfirmen in Wien, Passau, Reutlingen, Linz, Steinamanger und Ödenburg tätig.

Im Jahre 1853 eröffnete er eine eigene Buchhandlung in Brünn unter der Firma „Fr. Karafiat“. Das Geschäft blühte von Tag zu Tag, so dass diese Buchhandlung bald zu den angesehensten Firmen diese Branche in Österreich zählte. Franz Karafiat entwickelte eine rege Verlagstätigkeit, kaufte 1865 die Verlage „Bote aus Mähren“ und „Posel Moravsky“. von den zahlreichen Verlagswerken seien nur erwähnt: „Saphirs Werke“, „Penns Geschichte der Stadt Wien“, „William Hogarths Werke“ (berühmter englischer Maler und Kupferstecher realistisch geschilderter Sittenbilder), das „Fremdwörterbuch“ usw. Er gründete ferner eine Sortimentsbuchhandlung und ein Leihbibliothek, 1882 ein Antiquariat und 1883 eine Buchdruckerei.

Als Frank Karafiat am 4.Dezember 1892 im Alter von 72 Jahren starb hinterließ er fast einen jeden seiner 6 Kinder einen eigenen Betrieb:

Georg Karafiat (15.7.1856 – 1.5.1927) erlernte nach Absolvierung des Untergymnasiums in Brünn im Geschäft seines Vaters den Buchhandel, war 1876 als Volontär bei Neff in Stuttgart, ein Jahr später in Leipzig und Stettin. Im Jahre 1885 trat er in die Verlagsbuchhandlung des Vaters ein, die er nach dessen Tod 1892 übernahm. Im Jahre 1899 gründete er eine Buchdruckerei in Brünn am Großen Platz. Er war 35 Jahre Vorstand des „Brünner Ruderklubs BRUNA“. Seiner Ehe mit Josefine, Tochter des Bauunternehmers Schön (Prag) entstammten 3 Töchter: Maria (1893), Therese (1896) und Berta (1899).

Stefanie Karafiat (25.12.1857 – 1.2.1952) vermählte sich nach dem Besuch des Instituts Steinbrecher im Jahre 1880 mit dem aus Schlesien stammenden Buchhändler Alfred Wehowski, der 1882 den Anteil von Franz Karafiat an der C. Winkler’schen Buchhandlung in Brünn übernahm und sehr jung im Jahre 1886 starb. Kinder: Lilli, verheiratete Schneider (geb. 1882, Musikpädagogin) und Alfred (geb. 1886, Rechtsanwalt). Stefanie starb im Alter von 94 Jahren in Oberstdorf/Allgäu.

Richard Karafiat (28.6.1559 – 20.2.1944) erlernte ebenfalls im Geschäft seines Vaters den Buchhandel und übernahm 1882 die väterliche Buchhandlung, vorerst gemeinsam mit seinem Bruder Georg; ab 1885 war er dann alleiniger Inhaber der Firma „G. & R. Karafiat“. Er gründete 1882 eine Leihbibliothek und 1901 einen Zeitschriften-Lesezirkel. Er war von 1900 – 1932 Vorstand des Vereines der mährisch-schlesischen Buchhändler, ferner Vorstand des Brünner Buchhändlervereines sowie des Verbandes der deutschen Buchhändler in der CSR, Vorstandsmitglied des Gremiums der Protokollierten Kaufleute und 1908 – 1930 Mitglied des Gewerbegerichts.
Er starb 85jährig in Brünn.

Leopold Karafiat (11.11.1865 – 4.7.1961). Nach Besuch des Deutschen Gymnasiums in Brünn erlernte er bei Rudolf Rohrer in Brünn das Buchdruckereigewerbe, war darauf im Jahre 1884 ein Jahr in der Buchdruckerei Friedrich Jasper in Wien tätig und trat dann in die von seinen Vater Franz Karafiat gegründete Buchdruckerei, Lazanskyplatz 3, ein. Im Jahre 1890 übernahm er den Betrieb (spätere Firmenbezeichnung „Leopold Karafiat & Kucharz“). Das Unternehmen blühte und 1902 zog er mit dem Betrieb in das neu erworbene Haus Fröhlichergasse 37 um. Im Jahre 1937 ließ er an der Stelle des Vordergebäudes einen modernst eingerichteten fünfstöckigen Neubau erstellen.
Aus seiner Ehe mit Lina Kallab gingen 2 Söhne hervor, und zwar Dr. Leopold Karafiat, geb. 8.10.1890 (Jurist) und Karl Karafiat geb. 18.3.1894 (Buchdrucker, der die Buchdruckerei des Vaters übernahm.Er starb mit 89 Jahren).
Leopold Karafiat war Obmann des Gremiums der Buchdrucker und langjähriger Vorstand des „Touristenklub Brünn“ und erbaute 1932 das Touristenheim des Klubs in Wranau.
Er starb im Alter von 96 Jahren.

Wilhelm Karafiat (9.3.1867-24.1.1956) lernte in der väterlichen Buchdruckerei, später im Antiquariat, und vervollkommnete seine Kenntnisse in Buchhandlungen in Leipzig, Hannover und Bonn a. RH. Nach dem Tode seines Vaters Franz Karafiat 1892 übernahm er die Buchhandlung unter der alten Firmenbezeichnung „Fr. Karafiat“ mit Antiquariat am Freiheitsplatz. Beim Landgericht Brünn war er als Sachverständiger für den Buchhandel tätig. Er war sportlich und betrieb Rudern, Radfahren und Hochtouristik. Er ehelichte Marie (Mimi), Tochter des Sparkassendirektors Fort; beider Tochter Traute, geb.1913 lebt in Eisenstadt/Burgenland. Wilhelm Karafiat starb im Alter von 89 Jahren in Markt Oberdorf.

Oskar Karafiat(1.5.1874 – 7.10.1940), der 5.Sohn von Franz Karafiat, war der einzige, der nicht in den Buchhandel ging. Nach Besuch der Unterrealschule in Brünn und der Webschule daselbst (1886 – 1888) trat er in die bekannte Brünner Tuchfabrik Gebrüder Schöller ein und war später Dessinateur in Tuchfabriken in Österreich, Deutschland und Ungarn. Im Jahre 1906 wurde er Direktor der Vereinigten Wernstädter & Györer Textil-Industrie AG in Wernstadt/Nordböhmen, war dann Direktor in der Textilfabrik in Prato (Italien) und ab 1914 leitender Direktor der Tuchfabrik T.L. in Petersburg, wo ihn und seine Familie der Weltkrieg und 1917 die russische Revolution überraschte (Internierung in Saratow an der Wolga). Im Jahre 1918 kam er nach Brünn zurück. 1919 richtete er in Jugoslawien die Textilfabrik „Textilana“ in Kocevje (Gottschee, alte deutsche Sprachinsel) ein. Im Jahre 1925 richtete er zwei weitere Textilfabriken in Karlovac (Jugoslawien) ein.
Aus der Ehe mit Eugenie. geb. Schneider, gingen 4 Kinder hervor: Oskar(geb.1909 Politiker), Erich (geb. 1911 Textilingenieur), Friedrich (geb. 1912 Diplomkaufmann) und Maria (geb. 1914 Politikerin).

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