Tschechischer Name: Nová Bystřice
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Fläche: 1.044 ha
Einwohner 1910: 3.218 in 509 Häusern (3.074 dt. Ew.), 1930: 2.665 in 564 Häusern (2.229 dt. Ew.), 2010: 3.399.
heutiger Verwaltungsbezirk: Jindřichův Hradec (Neuhaus)
Matriken: seit 1664.
Lage:
Die Stadt liegt auf 389 m Meereshöhe. Nur wenige Kilometer südlich befindet sich die tschechisch-österreichische Staatsgrenze.
Geschichte:
Bistritz wurde als Fluss „Vistricz“ im Jahre 1175 in einer Schenkung erstmals urkundlich erwähnt. Die Gründung geht auf diese Schenkung des Raabser Grafen Konrad II. an die Mailberger Johanniter zurück, die dort eine Mönchszelle errichteten. 1180 wurden Fistritz, Landstein und andere Orte von den Kuenringern gegründet. 1191 gelangte die Herrschaft Raabs mit Vistritz („Vistricz“) an die Zöbinger. Danach folgten mehrere Besitzerwechsel, ehe die Herrschaft von Margerethe von Babenberg (Ehefrau des böhmischen Königs Ottokar II. Přemysl) 1260 an Wok von Rosenberg aus dem Geschlecht der Witigonen übertragen wurde. Zur Herrschaft Raabs gehörte damals neben Vistritz auch Landstein. Wok ließ die Burg Rosenberg erbauen.
Durch die neue Grenzziehung nach dem Tod Ottokars II. fiel der nördlichste Teil der Herrschaft Raabs 1282 an das Königreich Böhmen während den Rest Heinrich von Rosenberg an den Sohn Rudolf I. von Habsburg, Albrecht, und somit an das Herzogtum Österreich abtreten musste. Als Besitzer der Burg in Vistritz ist um 1282 ein Sezema von Landstein nachgewiesen. 1341 bekam Vistritz das Stadtrecht verliehen. 1348 wurden den Herren von Landstein durch Karl IV. weitere Privilegien erteilt.
Um 1381 wurden die Lehen Vistritz und Landstein von König Wenzel IV. verwaltet; Vistritz überließ er dann im Tausch seinem Hofmeister, Konrad von Kraigh. Dessen Sohn Lipold, der danach die Herrschaft übernahm, stand zu Beginn der Hussitenkriege auf katholischer Seite. 1420 wurde daher der Ort von den Hussiten unter Jan Žižka völlig zerstört. Unter dem Sohn von Lipold, Wolf Kraiger von Kraigh, der Anhänger der Utraquisten war, wurde die Stadt neu aufgebaut und erhielt mit der Zeit den Namen „Newe Vistricz“ (Neu-Bistritz). Wolf residierte überwiegend auf der Burg in Bistritz. 1482 wurden die alten Privilegien von von ihm bestätigt.
1501 wurde von Konrad Kraiger von Kraigh das Paulaner-Kloster „Heilbrunn“ gestiftet, das allerdings 30 Jahre später durch einen Überfall der Utraquisten zerstört wurde. Nachdem die letzten Kraigher in Neubistritz ohne Nachkommen im 16. Jh. gestorben waren, wechselten im Lauf der Jahrhunderte die über Neubistritz gebietenden Herrschaftsgeschlechter mehrfach. Zu dieser Zeit gehörten zur Herrschaft Neubistritz Albern (Albeř), Sichelbach (Žišpachy), Guttenbrunn (Dobra Voda), Leinbaum (Klenová), Artholz (Artoleč), Böhmisch Bernschlag (Nový Vojířov), Neustift (Lhota), Kaltenbrunn (Kaproun), Kunas (Kuňejov), Romau (Romava) sowie den Ansiedlungen Reichers (Rejchýřov) und Kloster (Klášter). 1607 vernichtete ein Feuer einen Großteil der Stadt und des Schlosses. Lucie Otýlie von Neuhaus aus dem witigonischen Geschlecht, die mit dem damaligen Herrscher von Neubistritz, Wilhelm von Slavata verheiratet war, siedelte erste Tuchmacher aus Iglau (Jihlava) an. Zur Wollversorgung wurde die Schäferei eingerichtet.
1626 wurde die Herrschaft deren Sohn, Adam Paul Slavata, übertragen der überwiegend in Neubistritz residierte. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die „Neue Vorstadt“ von ihm durch die Ansieldung von Bergleuten aus aus Sachsen wegen vermuteter Silbervorkommen gegründet. 1652 wies er den Paulanern, deren Kloster zuvor erneuert wurde, eine größere Grundfläche zu. Seine Nachfolger ließen die barocke Klosterkirche (Dreifaltigkeitskriche) erbauen. 1683, als osmanische Heere Wien belagerten, sammelten sich in Neubistritz Fußtruppen und Artillerie des sächsischen Entsatzheeres. Nachdem die Neubistritzer Linie der Slavata gegen Ende des 17. Jh. erloschen war, wechselten in den nächsten Jahrhunderten die Besitzer häufig. Darunter waren die Fünfkirchner, die Trautmannsdorff und Riese-Stallburger.
1774 wurden Kirche, Schloss, Rathaus und weitere Gebäude Opfer eines Großbrandes. 1784 ließ Joseph II. das Kloster auflösen und dessen Grundbesitz an Siedler verteilen. So entstand der Ort Kloster. Die Herrschaft besaß das Patronat über die Dekanal- und die Katharinenkirche, die Pfarrkirche zur hl. Theresia in Adamsfreiheit und die Filialkirche zum hl. Johannes dem Täufer in Münichschlag.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand die „Kaiserstraße“ zwischen Wien und Prag. Darauf wurde eine Postkutschenverbindung eingerichtet und Neubistritz erhielt eine eigene Poststation. Die 300 km zwischen Wien und Prag wurden in etwa 40 Stunden überwunden. 1850 wurde Neubistritz Sitz eines Bezirksgerichtes. Die endgültige Ablösung der Patrimonialherrschaft erfolgte erst im Jahr 1870, als die Frist für die Ablösungszahlungen vorüber war. In der Zeit der Industrialisierung entstanden Leinen- und Baumwollfabriken. Einer der größten Arbeitgeber war die Baumwollwarenfabrik Kollmann, die fast 1.000 Personen beschäftigte. 1897 wurde die Schmalspurbahn Neubistritz-Neuhaus eröffnet.
1900 wurde die Herrschaft von Prinz Friedrich von Schönberg-Waldenburg aus Sachsen erworben. Auf seinen Meierhöfen beschäftigte er viele tschechische Waldarbeiter. 1909 erfolgte ein letzter Besitzerwechsel. Die Herrschaft ging an die Familie des Leopold Kern in Wien, wo sie bis 1945 verblieb. Allerdings gingen durch die tschechoslowakische Bodenreform von 1920 große Teile des Waldes und der Teichwirtschaft verloren. Ein Teil wurde an tschechische Siedler übergeben. 1929 wurde die örtliche Brauerei stillgelegt. 1936 wurde von der Bezirksbehörde aus strategischen Gründen das Fotografieren und das Tragen von Fotoapparaten verboten. Nach Protesten wurde dieses Verbot auf Einrichtungen beschränkt, die für die Staatsverteidigung besondere Bedeutung hatten (Brücken, Schranken, Bahnlinien, Kraftwerke etc.).
Nach dem Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland und damit einhergehend an den „Reichsgau Niederdonau“ 1938, wurde aus den überwiegend deutschen Orten des politischen Bezirks Neuhaus der Kreis Neubistritz gebildet, dessen Hauptstadt Neubistritz wurde. Er existierte bis zum Fall des NS-Regimes im Frühjahr 1945.
Am 10. Mai 1945 wurde die Stadt von sowjetischen Truppen besetzt womit der Zweite Weltkrieg zwei Tage nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht in Neubistritz endete.
Vertreibung der deutschen Bevölkerung von Neubistritz 1945/46: Am 28. Mai 1945 wurden die deutschen Neubistritzer aus der Stadt vertrieben. Ortsfremde Tschechen und „Revolutionsgardisten“ kamen aus Neuhaus (Jindřichův Hradec) und aus dem 50 km entfernten Tabor (Tábor) und vertrieben die Deutschen aus der Stadt. Es kam zu vielen Verhaftungen die auf Grund bereits angefertigter Listen, auf denen ehemalige NSDAP-Mitglieder und tatsächliche oder mutmaßliche NS-Kollaborateure erfasst waren, erfolgten. Im Zuge dieser Verhaftungen kam es zu schweren Misshandlungen. Viele von den Verhafteten mussten auf dem Marktplatz von Neubistritz einen Spießrutenlauf über sich ergehen lassen. Die meisten von ihnen wurden später freigelassen und mit den anderen über die Grenze nach Österreich eskortiert. In der Stadt wurden inzwischen die deutschen Einwohner durch Drohungen, falsche Versprechen oder mit Gewalt aus ihren Häusern und Wohnungen gewiesen. Dabei durfte nur mitgenommen werden, was getragen werden konnte. Ein Arzt, ein Apotheker und eine Hebamme durften bleiben. Kurz vor der Grenze wurde das Gepäck der Ausgewiesenen nach wertvollen Gegenständen durchsucht. Eine Gruppe wollte umkehren um noch etwas aus ihren Häusern zu holen. Bei diesem Versuch wurden sie beschossen, wobei ein Mann getötet wurde. Ein anderer Mann und dessen Sohn, denen die Erschießung drohte, wurden von russischen Soldaten gerettet.
Nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 in der Tschechoslowakei und der Etablierung des Regimes, lag die Region um Neubistritz wegen der Grenznähe zu Österreich im politischen Sperrbezirk. Im Zuge der Errichtung des „Eisernen Vorhanges“ wurden viele Dörfer aufgegeben, abgesiedelt und dem Verfall preisgegeben. Nach dem Ende des Regimes 1989 und der Grenzöffnung, wurde die Gegend wieder attraktiver gestaltet, die Infrastruktur ausgebaut und der Tourismus erlangte eine gewisse Bedeutung. Durch die jahrzehntelange Sperrzone war die Natur weitgehend unberührt geblieben und der landschaftliche Charakter mit den vielen Teichen und Wäldern lockt viele Erholungssuchende in diese Region.
Zur Gemeinde Neubistritz gehören heute die Orte bzw. Ortsteile Albeř (Albern) mit Terezín (Theresienthal), Artolec (Artholz), Blato (Sichelbach), Hradiště (Burgstall), Hůrky (Adamsfreiheit), Klášter (Kloster), Klenová (Leinbaum), Nový Vojířov, (Böhmisch Bernschlag), Ovčárna (Schäferei), Senotín (Zinolten), Skalka (Gebharz) und Smrčná (Fichtau) sowie die Fluren der erloschenen Dörfer Mnich (Münichschlag) und Obora (Thiergarten).
Wirtschaft und Infrastruktur:
Die Bewohner von Neubistritz und des Umlandes waren Landwirte, Kaufleute und Gewerbetreibende. Neben den Leinen- und Baumwollfabriken im 19. und frühen 20. Jh. gab es auch eine Brauerei.
Schulen: Volks- und Bürgerschule, Volksschule ursprünglich aus dem 18. Jh, Bürgerschule 1875 eröffnet, 1901-1903 entstand ein Schulgebäude für 10 Volks- und sechs Bürgerschulklassen sowie Wohnungen für Schuldiener, Direktor und Lehrer. Fachschule für Weberei 1875 in der Bürgerschule.
In Neubistritz gab es zwei Ärzte, eine Apotheke und einen Zahntechniker.
Vereine: Freiwillige Feuerwehr, Gesangs- und Musikverein, Sportverein SV Wacker, Katholischer Jugendbund u.a.
Neubistritz und die Region waren eine beliebte Sommerfrische mit zahlreichen Ausflugszielen (Burgstaller Felsen, Ruine Landstein, Waldschenke, Beistein bei Guttenbrunn etc.). Zudem gab es ein Moorbad im Blankateich und ein Strandbad am Münichschlager Teich.
Wappen:
Bei der Verleihung der Stadtrechte erhielt Neubistritz ein Wappen überreicht. Es zeigte in Blau auf grünen Boden zwei zweistöckige silberne Zinnentürme mit roten Spitzdächern und goldenen Knäufen. Zwischen den Türmen ist eine silberne Zinnenmauer mit hochgezogenem Fallgitter im offenen Tor. Im Tor befindet sich das von Silber und Rot schräggeteilte Schildchen des Stadtherren Kraiger von Kraig. Über dem Tor ist ein silbernes Schild mit einem goldbewehrten, gekrönten schwarzen Adler.
Kulturerbe:
Pfarrkirche Peter und Paul (Pfarre urkundlich 1188): Vom gotischen Bau des 14. Jh. ist der 5/8 geschlossene kreuzrippengewölbte Chor erhalten. Vom gotischen dreischiffigen Langhaus steht das kreuzrippengewölbte nördliche Seitenschiff mit Fünfachtel-Schluss, ferner das westliche Tor im unteren Teil des Turmes. 1937 wurden gotische Fresken aus dem 14. Jh. entdeckt. Im 17. Jh. wurde das Langhaus mit Stichkappentonne gewölbt, an der Südseite drei Kapellennischen mit Emporen darüber erbaut und der obere Teil des Turmes umgestaltet und mit zierlichem Helm gedeckt. Hochaltar von Mathias Strahovsky aus Datschitz mit Bild von Leopold Daisinger aus Zlabings (Slavonice) (1766). Kanzel ebenfalls von Mathias Strahovsky; Marienbild auf der linken Seite des Presbyteriums von Kisslinger; der hl. Anton von Leopold Scheidel. Spätgotische Statue des hl. Adalbert um 1500, neu gefasst. Statuen des hl. Rochus und Sebastian 2. Hälfte 17. Jh.; Taufkessel 17. Jh. Eine Glocke 1757 von Joh. Dietrich, Prag, umgegossen; Ave Maria-Glocke 1834 von Joh. Adalbert Perner, Budweis, gegossen: Johannes-Glocke 1827 von J. A. Perner; das Sterbeglöckerl goss Franz Schönfeldt in Prag 1726.
Katharinenkirche: ehemalige Friedhofskapelle, nachgotischer Bau aus der zweiten Hälfte des 16. Jh.; tonnengewölbtes Langhaus mit fünfachtel-geschlossenem Chor; Einrichtung neu; westliches Tor 1576. Bild der hl. Katharina von Josef Kellner aus Neubistritz, von dem auch der Kreuzweg stammt (1820). Statuen der Heiligen Aloisius, Joh. v. Nepomuk, Florian und Franz Xaver sowie eines Engels stammen von Hugo Bartonek aus Budweis. Geschnitzte Lourdes-Grotte von Leopold Kastner aus Meidling. Neue Orgel aus 1890 von Heinrich Schiffner in Prag.
Schloss: ehemalige Wasserburg; vier zweigeschossige Flügel um großen Hof. Der älteste ist der südliche Flügel um 1570 mit tonnengewölbten Lauben, ebenso solche im Vorhof. Im östlichen Flügel langgestreckte Söller. Das äußere spätgotische rundbogige Tor mit Doppelwappen ist mit 1610 bezeichnet; das Tor des nördlichen Flügels und die Kratzputzquaderungen aus der ersten Hälfte des 17. Jh. Die zweigeschossigen Gebäude des Vorhofes gegen den Hauptplatz wurden frühklassizistisch umgestaltet und um ein Geschoss erhöht.
Großer rechteckiger Stadtplatz: von zumeist erneuerten Häusern des 16. u. 17. Jh. umschlossen.
Rathaus mit barocker Fassade von 1654.
Dreifaltigkeitssäule von 1679 mit vier großen Engeln.
Lukasbrunnen von 1656.
Amtsgerichtsgehäude mit Walmdach und Giebel.
Dekanatsgebäude aus dem 16. Jh.
Kapelle zur schmerzhaften Muttergottes, erste Hälfte 18. Jh.
Bildstock aus dem 16. Jh.
Reste der Stadtmauer.
Jüdischer Friedhof
Burg Landstein (Hrad Landštejn)
Persönlichkeiten:
heimatkundliche Literatur:
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