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Richard von Schaukal

Richard von Schaukal

Richard von Schaukal wurde am 27. Mai 1874 in Brünn (Brno) geboren.

Schaukals Vater war Kaufmann und sprach fließend tschechisch und deutsch. Die Mutter stammte aus der wohlhabenden Brünner Familie eines Silberschmieds.
Nach der Volksschule und der Bürgerschule besuchte Schaukal das Deutsche Gymnasium in Brünn (Brno). Sprachlich war er sehr begabt, doch Mathematik, Mineralogie und Botanik langweilten ihn zutiefst. Vielmehr interessierten ihn Geschichte und Literatur. Im Juli 1892 legte Schaukal die Matura mit Vorzug ab. Er lernte Griechisch, Französisch und Klavier. Zwischendurch besuchte Schaukal mehrere Aufführungen des Brünner Theaters und begann davon inspiriert mit sechzehn Jahren, erste eigene Stücke zu schreiben. Im Herbst 1892 begann Schaukal ein ungeliebtes Jus-Studium an der Universität Wien.

Im Wien des „Fin de siècle“ ließ Schaukal die verschiedenen künstlerischen Strömungen auf sich einwirken und entwickelte daraus seine eigene Lyrik. Er war ein Bewunderer von Hugo von Hofmannsthal und pflegte Kontakte zu namhaften Literaten wie Hermann Hesse, Rainer Maria Rilke, Heinrich und Thomas Mann, Arthur Schnitzler, Karl Kraus oder Bertha von Suttner.

Nachdem Schaukal als Einjährig Freiwilliger in der Armee in Wien und Stockerau gedient hatte, arbeitete er ab 1897 in der politischen Verwaltung Mährens. Ein Jahr später promovierte er. Zunächst wurde Schaukal in die Bezirkshauptmannschaft nach Mährisch Weißkirchen (Hranice na Moravě) versetzt. Nach seiner Hochzeit im Jahr 1899 und seiner Beförderung im Jahr 1903 zum Bezirkskommissär wurde er nach Wien ins Ministerialpräsidium berufen. Er bezog eine Wohnung in jenem Haus, in dem auch Maria von Ebner-Eschenbach wohnte. Es erfolgte ein rascher Aufstieg als Beamter. 1911 wurde er zum Ministerialrat ernannt und 1918 von Kaiser Karl I. geadelt.

Zusehends fühlte sich Schaukal im Staatsdienst jedoch nicht wohl, da ihm ein Minister, der ihn vermutlich nicht leiden mochte, an einer weiteren Karriere längere Zeit hinderte. Auch die Ereignisse des Ersten Weltkrieges und dessen Ausgang waren für den überzeugten Monarchisten ausschlaggebend für den Bruch mit seiner bisherigen Laufbahn. „Kaisertreu bis auf die Knochen“, Demokratie und Republik eher ablehnend gegenüberstehend, nahm Schaukal, inzwischen Sektionschef, nach dem Ersten Weltkrieg seinen Abschied. Fortan lebte er als freischaffender Dichter, Übersetzer und Literaturkritiker in Wien.
Dafür musste er erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen. Später dürfte Schaukal an einer chronischen Erkrankung gelitten haben, da Klagen über Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit überliefert sind. In der Folge vereinsamte er immer mehr.

Dass Schaukal als Monarchist und Habsburger-Anhänger bereits 1919 nicht nur Gegner der neuen Republik, sondern auch kein Befürworter eines Anschlusses an Deutschland war, wie ihn damals noch fast alle politischen Lager gefordert hatten, ist selbstredend. Als dieser dann in der NS-Zeit durch die neuen Machthaber im März 1938 vollzogen wurde, war das für ihn sicher kein erfreuliches Ereignis. Die Befreiung vom Nationalsozialismus und die Unabhängigkeit Österreichs erlebte Schaukal nicht mehr.

Richard von Schaukal starb am 10. Oktober 1942 in Wien.

Seine konservative (von damalige Zeitgenossen oft als reaktionär bezeichnete) Seele brachte ihn oft in politische Abwege.
Als 1916 Karl I. Nachfolger des verstorbenen Franz Joseph auf dem österreichischen Thron wurde, sollte die fünfte Strophe der „Kaiserhymne“ entsprechend abgeändert werden. Schaukal war mit den monarchistisch-patriotischen Kriegsgedichten „Eherne Sonetten“ 1915 aufgefallen und wurde unter anderen eingeladen, einen Text zu entwerfen. Sein Entwurf liegt vor, zu einer offiziellen Entscheidung bzw. Genehmigung kam es jedoch angesichts des Unterganges der Monarchie nicht mehr. Dass Schaukal 1935 den Text zum „Defiliermarsch“ der Heimwehren verfasste, mag an deren radikal antidemokratischer Ausrichtung gelegen sein, die Schaukal teilte. In seinen Schriften nach dem Krieg gab sich Schaukal besonders als entschiedener Gegner der parlamentarischen Demokratie. Sein Verhältnis zu jüdischen Kollegen war ambivalent. So schätzte er einerseits jüdische Dichterkollegen, andererseits waren manche Ausfälle gegen zeitgenössische Literatur durchaus antisemitisch gefärbt.
Nationalsozialismus und „Anschluss“ lehnte Schaukal hingegen strikt ab.

Generell ist Schaukals Anschauung durch seine Werke schwer einzuordnen. Er galt als konservativ und progressiv zugleich, je nachdem, welches Thema er behandelte oder ob er sich als Kritiker oder als Lyriker zu Wort meldete. In seinem Schaffen und Wirken wurden teilweise krasse Widersprüche deutlich.

Schaukal verfasste Gedichte, von denen die frühen sich an der französischen Lyrik des Symbolismus orientierten, Novellen, Essays und Aphorismen. Dabei wurden von ihm häufig Liebe und Tod thematisiert.
Zu den wichtigsten Werken zählen: „Meine Gärten. Einsame Verse (Gedichtband 1897)“, „Von Tod zu Tod und andere kleine Geschichten“ (Prosaband 1902), „Das Buch der Tage und Träume“ (1902), „Eros Thanatos (Novelle 1906), „Leben und Meinungen des Herrn Andreas von Balthesser“ (Prosa 1907), „Buch der Seele“ (1908), „Das Buch Immergrün“ (1915), „Jahresringe“ (Gedichte 1922), „Herbsthöhe“ (Gedichte 1933).

Literatur:

  • Blasl, Henriette: Man muss sich die Menschen vom Leib halten. Erinnerungen an Richard von Schaukal. In: Der literarische Zaunkönig. Zeitschrift der Erika Mitterer Gesellschaft 2005.2. S. 5-8.
  • Pietzcker, D.: Richard von Schaukal. Ein österreichischer Dichter der Jahrhundertwende, 1997.
  • Tielsch-Felzmann, Ilse: Erinnerung an Richard von Schaukal, in: Südmährisches Jahrbuch, Jg. 2004, S. 38-48.
  • Wicke, Andreas: Richard Schaukal und die Lyriktheorie der Jahrhundertwende. In: Modern Austrian Literature 34.2001.3/4. S. 79–93.

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