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Mühlfraun

Tschechischer Name: Milfron, nach 1945 Dyje

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Fläche: 444 ha

Einwohner 1910: 461 in 116 (456 dt. Ew.), 1930: 519 in 127 Häusern (435 dt. Ew.), 2010: 414.

heutiger Verwaltungsbezirk: Znojmo (Znaim)

Matriken: seit 1785, davor ab 1580 beim Kloster Bruck

Lage:

Mühlfraun liegt 6 km östlich vom Zentrum Znaims auf 217 m Meereshöhe an der Thaya. Nachbarorte sind neben Znaim (Znojmo) im Westen Zuckerhandl (Suchohrdly) im Norden und Hödnitz (Hodonice) sowie Taßwitz (Tasovice) im Südosten. Zwischen Znaim (Znojmo) und Mühlfraun liegt außerdem die kleine Gemeinde Klein Teßwitz (Dobšice u Znojma).

Geschichte:

Das Dorf ist eine Gründung des Prämonstatenserstiftes Bruck vor den Toren Znaims.

Mühlfraun wurde vermutlich im 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit der dort bestandenen Klostermühle als Siedlung der Müllersleute angelegt. Diese waren Dienstleute des Stiftes. Die Abtei hatte auch die Lehenshoheit über die später sich ansiedelnden Bauern inne bis zur Auflösung des Stiftes durch Kaiser Josef II im 18. Jahrhundert.

Der Ort wurde urkundlich erstmals 1283 genannt, als die Söhne des Dietrich von Dobronitz, Angehörige des niederen Adels, ihren Besitz in „Mulvren“ dem Kloster Bruck überließen. Der Name scheint auf „Mühle“ und „Frau“ hinzuweisen. „Muhlveran“ oder „Muhlvern“ wurde der Ort auch in späteren Urkunden genannt. Der Name bezog sich wahrscheinlich auf die Lage der einst dort bestandenen Mühle. Aus ihm wurde später die heutige Bezeichnung „Mühlfraun“.

Vor 1283 gehörte ein Teil des Patronats zum Stift Bruck. Von dieser Zeit an blieb Mühlfraun im Besitz des Klosters Bruck bis zu dessen Auflösung 1784. Das Dorf war dem Brucker Stiftskrankenhaus zugewiesen, später dem jeweiligen Prior zur Nutzung überlassen.

1807 vernichtete ein Brand große Teile des Dorfes.
Während der Schlacht um Znaim (Znojmo) im Jahr 1809, die Napoleon von der „Napoleonseiche“ (Napoleonův dub) auf der Heikahöhe bei Zuckerhandl (Suchohrdly) leitete, fand auch ein Treffen der französischen Avantgarde (Vorhut) unter General Marmont mit der Grenadierbrigade des Generals Steyer bei Mühlfraun statt. Nach der Schlacht wurde Mühlfraun von französischen Soldaten geplündert, wobei die örtliche Kirche als Pferdestall missbraucht wurde.
Einige Jahrzehnte später im Preußisch-Österreichischen Krieg, besetzten preußische Soldaten den Ort, plünderten diesen aber nicht. Die Bewohner waren davor mit bepackten Wagen geflohen.

1870 wurde Mühlfraun an das Bahnnetz angeschlossen.

Mühlfraun verlor im Ersten Weltkrieg 14 männliche Einwohner.

Nach 1918 wurde das Gut enteignet und kam an eine tschechische Aktiengesellschaft und wurde unter tschechischen Familien aufgeteilt. 1931 kam es zur Errichtung einer tschechischsprachigen Schule im Ort.
1927 wurde bei einem Grundaushub die Entdeckung eines langobardischen Grabes mit Beigaben gemacht.

Zur Zeit der Zugehörigkeit zum nationalsozialistischen Deutschen Reich war Mühlfraun Bestandteil des Kreises Znaim (Znojmo).
1942 zerstörte ein Erdrutsch zehn Häuser. Im gleichen Jahr wurde anstelle des Steges über die Thaya (Dyje) eine vier Meter breite Holzbrücke errichtet.
Im Zweiten Weltkrieg fielen 26 Mühlfrauner.

Vertreibung der deutschsüdmährischen Bevölkerung 1945/46:
Im Juni 1945 kamen Hausbesetzer aus anderen Regionen in den Ort. Die Nachkriegsexzesse forderten einige Todesopfer: Am 27. Juni 1945 wurden mehrere Personen erschossen. Der Dichter Ernest Hollmann wurde im Znaimer Polizeigefängnis ermordet. Am 9. August 1945 begann die Zwangsaussiedlung, die im März 1946 mit der Ausweisung der letzten 32 deutschen Mühlfrauner ihren Abschluss fand.

Wirtschaft und Infrastruktur:

Landwirtschaft: Die Bevölkerung lebte von Ackerbau, Obst- und Gemüseanbau (310 ha). Angebaut wurden hauptsächlich Getreide, Klee, Rüben, Kartoffeln und Gurken. Der Weinbau spielte mit ca. 25 ha ebenfalls eine Rolle. Ein Teil wurde vom Meierhof (Katharinenhof) verwaltet.

Gewerbe: zwei Steinbrüche, Mühle, Gurken- und Gemüsekonservenfabrik, Ringofenziegelei, Käserei mit Molkerei-betrieb, Bäckerei, Fleischhauerei, Schlosser, Schmiede, zwei Tischler, zwei Schuhmacher, zwei Greissler, zwei Gastwirtschaften, Binderei, Schneiderei, Damenschneiderei, Tabaktrafik, Maurermeister.

Einrichtungen: Bahnstation, Wasserleitungen, Gemeindebrunnen, Freiwillige Feuerwehr (1925), Landwirtschaftlicher Ortsverein, Raiffeisenkasse, Ortsversicherungsverein. Das erste Schulhaus wurde 1810 erbaut. 1881 zog die Schule in einen Neubau um.
Die Elektrifizierung erfolgte 1930.

Kulturerbe:

Mühlfraun – Monstranz

Pfarrkirche des gegeißelten Heilands: Schon 1280 ist eine Pfarre nachgewiesen und eine erste Kirche wurde 1228 erwähnt. Nach schweren Schäden im Dreißigjährigen Krieg entstand 1675 ein zweiter Kirchenbau (zum hl. Laurenzius). Der jetzige Bau stammt von 1769/75 mit westlicher Turmfassade von Franz Kerndl in Wien. Weiträumiges Innere — Übergang vom Rokoko zum Klassizismus — in der Mitte eine breite, querovale Flachkuppel, der Chor halbkreisförmig, beiderseits quadratisch spiegelgewölbte Räume, darüber stuckmarmorgerahmte Emporen. Großartige Raumwirkung, durch Fresken von Franz Anton Maulpertsch verstärkt (1775/77). Inhalt der Fresken: Geheimnis der heiligen Dreifaltigkeit, Geburt Christi, Geißelung Christi und Triumph des Glaubens und der Kirche. Auf dem Hauptaltar Statue des gegeißelten Jesus von Johann Högel, auf den vier Seitenaltären Tod des hl. Josef von Joseph Winterhalter, hl. Johann v. Nepomuk und Anton von Padua von Franz Anton Maulpertsch, hl. Norbert von Felix Leicher. Wandfresken Maria Magdalena und hl. Petrus von Franz Anton Maulpertsch. Reiche Orgel und Marmorkanzel aus der Bauzeit; Tiroler Krippe aus 1898; Monstranz aus Stift Bruck.
Zu Christi Himmelfahrt fungierte die Kirche als Wallfahrtsort.
Durch Grundwasserströmung entstanden Risse im Mauerwerk, denen man in Unkenntnis der Ursachen durch eiserne Schließen Halt zu geben versuchte, ohne die Spannungen zu beseitigen. Erst als während des Zweiten Weltkrieges, ausgelöst durch einen schweren Bergrutsch, den Ursachen der Bodenbewegung nachgeforscht wurde, wurde der Grundwasserstrom drainagiert und das Bauwerk stabilisiert. Die an den Deckenfresken entstandenen Schäden wurden in den 1970er und 1980er Jahren restauriert, doch sind weitere große Stücke des Deckenputzes abgebröckelt.

Schloss (Herrschaftshaus): aus 1768/75, Sommerresidenz der Brucker Ordenspriester und Spital.

Nepomuk-Statue, vier Bildstöcke im Ort und in der Umgebung.

Persönlichkeiten:

  • Ernest Hollmann (*31.Dezember 1884, † Juni 1945 in Znaim), Schriftsteller und Heimatdichter.

heimatkundliche Literatur:

  • Wondratsch, Konrad: Ortsgeschichte von Mühlfraun, 1970.
  • Bruckner, Karl (Hg.): Ortsgeschichte von Mühlfraun, 1972.

Weblinks:

Genealogie:

Blum, Robert: Personenverzeichnis Mühlfraun

 

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