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Erhard Raus

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Erhard Raus wurde am 8. Januar 1889 in Wolframitz (Olbramovice) geboren. Er war das fünfte von sieben Kindern.

Nach der Volksschule besuchte Raus ein Jahr lang das Gymnasium in Nikolsburg (Mikulov), musste aber aus wirtschaftlichen Gründen in die Bürgerschule in Mährisch Kromau (Moravsky Krumlov) wechseln. Dank seines Großvaters, eines Gutspächters, konnte er nach einer Zusatzprüfung kurze Zeit später in die vierte Klasse der Unterrealschule in Brünn (Brno) wechseln. Mit 16 Jahren trat Raus schließlich in die k.u.k. Infantriekadettenschule Königsfeld ein. Nach vier Jahren schloss er diese im Jahr 1909 als Jahrgangsbester ab. Zuerst trat er seinen Dienst beim Infanterieregiment Nr. 1 in Troppau an. 1911 wurde er nach Tolmein und 1912 nach Cormons versetzt. Dort lernte er nach seiner Beförderung zum Leutnant seine spätere Frau Anna Morsani kennen.

Im Ersten Weltkrieg war Raus an Ostfront und italienischer Front im Einsatz. Er war ein ausgezeichneter Offizier, was sich nicht nur durch seine Ernennung zum Hauptmann im Februar 1918 und der Überreichung des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse zeigte, sondern auch dadurch, dass er sein Bataillon in dieser schwierigen Zeit des Zusammenbruchs geschlossen bis nach Wien brachte und auch noch mit den in seinem Verband übrig gebliebenen tschechischen Soldaten zurück in seine südmährische Heimat marschierte.
Dennoch entschied Raus sich, nicht in der neuen Tschechoslowakei sondern in Österreich sein Glück zu finden. Aufgrund seiner hervorragenden militärischen Leistungen im Krieg wurde er sofort in das neue österreichische Bundesheer übernommen, wo er 1921 zum Major, 1936 zum Oberst und im Jänner 1938 zum Militär-Attaché in Rom befördert wurde.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 wurde Raus in die Wehrmacht übernommen. Im Zuge der Besetzung der Tschechoslowakei im März 1939 war Raus Kommandant einer Vorausabteilung in Brünn (Brno). Im Zweiten Weltkrieg führte er zuerst das Schützenregiment 4 beim Angriff auf Russland an. Durch die Dynamik der Front kämpfte er vor Leningrad (St. Petersburg) und Moskau. Durch seinen Einsatz, Können und sein Improvisationstalent wurde er bald zum Kommandant der 6. Panzerdivision ernannt und bekam das Ritterkreuz verliehen. Militärstrategische Erfindungen wie die „Schneckenoffensive“, „Hackmaschine“ und „Großkampfzone“ gehen auf Raus zurück. Mit der 6. Panzerdivision versuchte er im Winter 1942/43 in einer Gegenoffensive die eingeschlossene 6. Armee bei Stalingrad (Wolgograd) zu befreien, was trotz größter Bemühungen und taktischen Könnens gegen einen vierfach Überlegenen Gegner nicht möglich war.
Ein großer Verdienst von Raus war der Rückzug des XI. Armeekorps vom Don zum Dnjepr (Juli bis September 1943) wo er in sieben Etappen und mehreren Kämpfen das Korps rettete. So wurde er im August 1943 mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet.

In den folgenden drei Jahren führte Raus seine Verbände (wobei ihm ab Ende 1943 eine ganzer Panzerarmee unterstand) mit großem Überblick. Er kämpfte fast an der gesamten Ostfront und wurde einer der besten und fähigsten Panzergeneräle in der Wehrmacht. Am 15. August 1944 wurde er zum Generaloberst befördert und zum Oberbefehlshaber der 3. Panzerarmee ernannt. Als solcher war er in die Kämpfe im Nordabschnitt der Ostfront verwickelt.

Raus‘ Karriere endete durch Hitler selbst. Als dieser nach der „Pommernschlacht“ am 10. März 1945 bei einer Besprechung in der Reichskanzlei in Berlin die genaue Lage berichtet haben wollte, erzählte Raus ungeschminkt über die aussichtslose Lage seiner Armee, über die Ereignisse und ungünstige Entwicklung der Schlacht (seine Armee konnte die letzten deutschen Brückenköpfe östlich der Oder nicht halten). Diese Fakten konnte Hitler, der immer noch an seinen propagierten „Endsieg“ glaubte, nicht akzeptieren und ließ Raus ablösen. Somit konnte Raus sich noch vor Kriegsende in seinen Heimatort zurückziehen und einige letzte ruhige Tage dort verbringen. Als die russische Armee vorrückte, begab er sich nach Gastein, wo ihn die Amerikaner gefangen nahmen. Diese ließen ihn am 30. Juni 1947 frei.

Raus blieb nach Krieg und Diktatur in Österreich und war am Wiederaufbau des österreichischen Bundesheeres beteiligt. Er musste in seiner Pension mit den Bezügen eines Oberst auskommen, da dies sein letzter Rang im Bundesheer der 1. Republik gewesen war.

Während seiner Dienstzeit befehligte Erhard Raus fünf Armeen mit 121 Division und war insgesamt 15 000 km im Fronteinsatz unterwegs. Raus war kein Nationalsozialist. Er war Berufsoffizier der wohl national-konservativ aber noch von der Vielvölker-Monarchie und der K.u.K Armee geprägt gewesen war. Nach seiner Ansicht kämpfte er für seine Heimat und nicht für eine Partei. Für ihn waren Politik und militärischer Beruf unvereinbar. Freilich, die „Heimat“, für die er kämpfte, war von 1938 bis 1945 das von der NS-Diktatur regierte Deutschland und die enge Verflechtung von Diktatur und Heimat wurde wie bei vielen ausgeblendet. Eine Problematik, die Raus mit ähnlich denkenden Offiziers-Kollegen durch die Kontinuität in der Übernahme zahlreicher Offiziere und Soldaten vom Bundesheer zur Wehrmacht 1938 teilte. Durch die ehrliche, ungeschminkte Tatsachenberichterstattung die zu seiner Absetzung im Frühjahr 1945 führte, geriet Raus jedoch als Berufsoffizier in Gegensatz zur NS-Ideologie und der von der Diktatur ausgegebenen „Endsieg“-Propaganda.

Am 3. April 1956 starb Raus im Wiener Allgemeinen Krankenhaus an einer Virusinfektion. Erhard Raus wurde in Cormons bei Görz unter großen militärischen Ehren des neuen Bundesheeres zur letzten Ruhe gebettet.

Literatur zu Erhard Raus:

  • Elsinger, Reiner: Gerneraloberst Erhard Raus aus Wolframitz, in: Südmährisches Jahrbuch, Jg. 2001, S. 31-36.
  • Scheibert, Horst: Die 6. Panzer-Division 1937-1945: Bewaffnung, Einsätze, Männer. Nebel Verlag GmbH, 2003
  • Sperker, Karl Heinz: Generaloberst Erhard Raus. Ein Truppenführer im Ostfeldzug. (=Soldatenschicksale des 20. Jahrhunderts als Geschichtsquelle 7.) Biblio-Verlag, Osnabrück 1988

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