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Karl Renner

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Karl Renner wurde am 14. Dezember 1870 in Unter-Tannowitz (Dolní Dunajovice) in Südmähren geboren.

Renner wuchs in ärmlichen Verhältnissen in einer Weinbauernfamilie auf. Er hatte 16 Geschwister. Trotz dieser Verhältnisse konnte Renner das Gymnasium in Nikolsburg (Mikulov) besuchen.

Von 1891 bis 1896 absolvierte Renner ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Während seines Studiums war er an der Gründung der „Naturfreunde“ beteiligt.

Nach Abschluss seines Studiums war Renner Staatsbibliothekar der Reichsratsbibliothek. Politisch engagierte er sich in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und gehörte als sozialdemokratischer Abgeordneter sowohl dem Reichsrat in der Monarchie (ab 1907) als auch dem Parlament der Ersten Republik Österreich an. Obwohl er sich selbst gerne als Marxist bezeichnete, gehörte Renner dem rechten, pragmatischen Flügel der Partei an, der sich an der parlamentarischen Demokratie nach Lassalle orientierte und geriet damit in Gegensatz zum linken Flügel der Partei um Otto Bauer, die zumindest theoretisch auf den Grundlagen des auf revolutionären Umsturz ausgerichteten Kommunistischen Manifestes aus dem 19. Jh. stand.

Renner engagierte sich auch im Genossenschaftswesen und war Gründer und Leiter der Arbeiterbank (1934 aufgelöst, 1947 als Bank für Arbeit und Wirtschaft/BAWAG wieder gegründet), Präsident des Zentralverbandes der österreichischen Konsumvereine und deren Großeinkaufsgesellschaft und im Ersten Weltkrieg Mitdirektor des Ernährungsamtes.

In zahlreichen staatsrechtlichen Abhandlungen ist Renner für eine moderne Umstrukturierung der Monarchie eingetreten. Er sah im Personalitätsprinzip und nicht in der Verleihung einer erhöhten Autonomie für die Kronländer oder Kronländerverbände den Weg zur Lösung der nationalen Probleme.

Im Ersten Weltkrieg sprach sich Renner – überzeugt nur so einen dauerhaften Frieden zu erreichen – zunächst für eine europäische territoriale Neuordnung im Sinne des liberalen Naumann aus, bekannte sich aber 1917 zu einem Frieden ohne Annexionen und Kontributionen.

Renner wurde zum Staatskanzler der ersten Regierung „Deutsch-Österreichs“ gewählt.
Als solcher war er auch Vorsitzender der deutsch-österreichischen Friedensdelegation in St. Germain sowie Schöpfer der provisorischen Verfassung, der Wahlordnung und der grundlegenden Gesetze der jungen österreichischen Republik. Er trat für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen Österreichs und deren Vereinigung mit den anderen deutschen Ländern ein. Wie die meisten in seiner Partei war er davon überzeugt, dass die sozialistischen Ideen nur in einem großen gemeinsamen Staat durchzusetzen wären. Umso schwerer wog auch für viele Sozialdemokraten der Verlust Südtirols (an Italien), Südmährens (an die Tschechoslowakei) und das Anschlussverbot an die junge Weimarer Republik. Die Forderung nach einem Anschluss an Deutschland wurde von den Sozialdemokraten erst nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 gestrichen.

In der demokratischen Phase der Ersten Republik (1919-1933) trat Renner trotz zunehmender Radikalisierung der politischen Lager und ihrer paramilitärischen Verbände (Heimwehren, Schutzbund) immer wieder auch für eine Zusammenarbeit mit der Christlichsozialen Partei ein.
Nach Renners Ausscheiden aus der Regierung wählte ihn der Nationalrat zu seinem ersten Präsidenten. Als solcher spielte er auch eine Rolle bei den Ereignissen im März 1933, als er – nachdem es bei einer Debatte um Eisenbahnergehälter im Parlament zu keiner Einigung gekommen war und zu einer Abstimmung kam – zurücktrat um selbst mitstimmen zu können. Dies taten ihm aber die anderen beiden Präsidenten von den Christlichsozialen bzw. den Großdeutschen gleich und die Parlamentssitzung konnte somit nicht ordnungsgemäß geschlossen werden. Diese Situation wurde von der Regierung Dollfuß zu einem Staatsstreich genutzt und die Abgeordneten der Sozialdemokraten und der Großdeutschen daran gehindert, eine neue Sitzung zur Beilegung dieser Situation einzuberufen. Die weitere Folge war die Errichtung der „ständestaatlichen“ Diktatur.

Für heftige Kontroversen aus heutiger Sicht sorgte Renners Rolle nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich unter NS-Herrschaft im März 1938. Im „Neuen Wiener Tagblatt“ sprach er sich für den „Anschluss“ aus: „Trotzdem habe ich seit 1919 in zahllosen Schriften und ungezählten Versammlungen im Lande und im Reiche den Kampf um den Anschluß weitergeführt. Obschon nicht mit jenen Methoden, zu denen ich mich bekenne, errungen, ist der Anschluß nunmehr doch vollzogen, ist geschichtliche Tatsache, und diese betrachte ich als wahrhafte Genugtuung für die Demütigungen von 1918 und 1919, für St-Germain und Versailles.“ (Neues Wr. Tagblatt vom 3. April 1938).
Welche Motive Renner dazu bewegten ist immer noch Gegenstand vieler Diskussionen. Sein Verhalten wurde und wird auch häufig damit erklärt, dass Renner damit den Zentralsekretär seiner Partei, Robert Danneberg, der mit anderen politischen Häftlingen in das KZ Dachau transportiert worden war sowie andere inhaftierte Parteikollegen schützen wollte oder auch sich selbst damit aus der Schusslinie nehmen wollte. Tatsächlich wurde Renner von den Nationalsozialisten nicht verfolgt sondern lediglich in seinem Landhaus in Gloggnitz unter Hausarrest gestellt, der relativ großzügig ausgelegt wurde.

Dennoch war es Renner der von Stalin – gegen den Willen der Kommunistischen Partei – noch vor dem offiziellen Kriegsende im April 1945 in Wien mit der Bildung einer provisorischen Staatsregierung beauftragt worden war. Im Gegensatz zu den Westalliierten, die das Kriegsende abwarten wollten, waren die Sowjets an einer raschen österreichischen Regierungsbildung in ihrem Sinne interessiert (ein Vorbote des Kalten Krieges). In Renners Schriften ist dazu zu lesen: „nach längerem Ringen entschloss ich mich, alle Risiken auf mich zu nehmen, um möglicherweise doch Österreich die Chance zu geben, die verhängnisvolle Bindung an Hitler-Deutschland selbst zu zerreißen… Anderseits war mir klar bewußt, dass ich niemals als Beauftragter Russlands die Mission übernehmen und durchführen konnte. Der Auftrag mußte von Österreich selbst kommen.“

Die Westmächte verweigerten der provisorischen Regierung zunächst ihre Anerkennung. Nach zähen Verhandlungen wurde diese jedoch im September 1945 ausgesprochen und der Weg für die ersten freien Wahlen seit über zwölf Jahren war nun geebnet.
Am 20. Dezember 1945 wurde Renner nach den damals bestehenden Verfassungsbestimmungen von der Bundesversammlung zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik gewählt. Dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus.

Seine philosophischen und politischen Ansichten legte Renner in den Schriften „Staat und Nation“, „Der Kampf der österreichischen Nationen um den Staat“, „Grundlagen und Entwicklungsgeschichte der Österreichisch-ungarischen Monarchie“, „Österreichische Erneuerung“, „Marxismus, Krieg und Internationale“, „Die Wirtschaft als Gesamtprozess und die Sozialisierung“, „Vom liberalen und sozialen Staat“, „Die Rechtsinstitute des Privatrechtes und ihre soziale Funktion“ und in seinen Lebenserinnerungen „An der Wende zweier Zeiten“ nieder.

Renner war Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften, Träger des Ehrenringes der Wiener Philharmoniker und des Brucknerringes der Wiener Symphoniker. Ein Teil der Wiener Ringstraße trägt seinen Namen und ein dort errichtetes Denkmal erinnert an ihn.

Renner-Denkmal am Dr.-Karl-Renner-Ring in Wien

Karl Renner starb am 31.Dezember 1950 in Wien und ruht in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Das Buch „An der Wende zweier Zeiten“ ist in der Südmährerbibliothek verfügbar.

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