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Lodenitz

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Tschechischer Name: Loděnice u Moravského Krumlova

Fläche: 1025 ha

Einwohner 1910: 831 in 127 Häusern (799 dt. Ew.), 1930: 854 in 144 Häusern (513 dt. Ew.), 2010: 442.

heutiger Verwaltungsbezirk: Brno-venkov (Brünn-Land)

Matriken: seit 1655.

Geschichte:

Archäologische Funde weisen auf ein altes Siedlungsgebiet hin.
Um 1190 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung von Lodenitz.

1185 fand zwischen Herzog Friedrich von Böhmen (Bedřich) und seinem Bruder, dem Markgrafen Konrad III. Otto von Znaim, die Schlacht bei Lodenitz statt, wodurch der „böhmische Bruderzwist“ beendet wurde. Lodenitz wurde bei dieser Schlacht völlig zerstört. Mähren wurde als Grafschaft Lehen des deutschen Reiches und von Böhmen völlig abhängig. Möglicherweise kam nach der Schlacht auch das Gebiet südlich der Thaya mit Nikolsburg (Mikulov) zur Marktgrafschaft Mähren.

Im Jahr 1290 kam Lodenitz in den Besitz des Klosters Bruck, bei welchem es bis zu dessen Auflösung im Jahr 1784 blieb. Durch das Kloster wurde um 1300 eine Pfarrkirche im Ort errichtet. 1325 kam es zur Aufhebung verschiedener Abgabenrechte zwischen dem Abt von Bruck und dem Ölmützer Kapitel. 1415 ist ein „Fridericus de Lodjenicz“ beurkundet. Die heutige Schreibweise des Ortes war seit dem 17. Jh. üblich.

1486 machte der Pfarrer Leonhard einen Vertrag über die Hlavaticer Zehentschaft. Auch soll ein unterirdischer Gang die Lodenitzer Kirche mit dem Kloster Kanitz verbunden haben. Ein Lodenitzer Pfarrer hat diese Sage aufgezeichnet. 1544 veräußerte Abt Hrusa von Bruck das Dorf Lodenitz für sechs Jahre an Georg Zsabka von Limberk aus Kanitz.

1732 wurden bei einer Landvermessung die Orts- und Flurgrenzen festgelegt und 1775 eine Hausnummerierung durchgeführt.
Nach der Aflösung des Klosters Bruck 1785 durch Kaiser Joseph II. fiel Lodenitz an den Religionsfond. 1796 starben viele Kindern an den Masern und 1832 40 Menschen am Gelben Fieber.

In den Jahren 1805, 1814 und 1833 kam es zu Missernten und während der Napoleonischen Kriege wurde Lodenitz 1805 und 1809 von französischen Truppen besetzt und geplündert. 1822 wurden bei neuerlichen Landesvermessungen vorgeschichtliche Siedlungsfunde aus der Jungsteinzeit (Feuersteinmesser, Pfeilspitze, Steinwaffen und eine Beinnadel mit Öhr) gemacht. 1824 wurde Lodenitz an die Herrschaft Mißlitz (Miroslav) verkauft.

1848 wurde die Patrimonialherrschaft aufgehoben und Lodenitz kam zum Bezirk Nikolsburg (Mikulov).

Nach dem Ersten Weltkrieg, der das Opfer von zwanzig Lodenitzern forderte, kam es 1919 zur Ausrufung der Ersten Tschechoslowakische Republik. Für die Gemeinderatswahlen einigten sich Deutsche und Tschechen auf eine gemeinsame Liste mit 2/3 Deutschen und 1/3 Tschechen. Lodenitz hatte danach einen deutschen Bürgermeister und einen tschechischen Stellvertreter.

Anfang der 1920er Jahre wurden 25 deutsche Kinder aus deutsch-tschechischen Familien aus der deutschen Schule ausgeschlossen. Da deren Eltern die tschechische Schule ablehnten wurden diese Kinder von einem Lehrer des Deutschen Kulturverbandes unterrichtet.

Während der sogenannten Sudetenkrise wurde tschechisches Militär in der Ortschaft einquartiert.

Von 1938 bis 1945 war Lodenitz Teil des Kreises Nikolsburg (Mikulov) im nationalsozialistischen Deutschen Reich.

Der Zweite Weltkrieg kostete 38 Lodenitzern das Leben.
Beim Herannahen der Front flohen ca. ein Viertel aller Einwohner, doch ein Teil kehrte später wieder zurück. Am 8. Mai marschierten russische Soldaten in den Ort ein, die aber sofort weiterzogen.

Vertreibung 1945/46:
Bald danach kamen tschechische „Revolutions-Gardisten“ in den Ort und begannen mit Plünderungen. Jeden Tag wurden neue Anweisungen erteilt die unter Gewaltandrohung befolgt werden mussten. Danach kam es zu einer Verhaftungswelle, durch die viele Lodenitzer in das Lager nach Nikolsburg (Mikulov) und in das Bezirksgefängnis Pohrlitz (Pohořelice) transportiert wurden. Einigen gelang während dieser Transporte die Flucht. Die letzten deutschen Lodenitzer wurden am 26. September 1946 aus dem Ort vertrieben.

Wirtschaft und Infrastruktur:

Landwirtschaft: Anbau von allen Getreidesorten, Zuckerrüben, Zwiebel, Mais, Klee und Feldgemüse. In den 1930er Jahren intensive Schweinehaltung (1.479 Tiere um 1933). Weinbau um 1900 auf 8,3 ha.

Gewerbe: zwei Ziegeleien, zwei Gasthäuser und Kleingewerbe.

Einrichtungen: Arzt, Hebamme, Postamt, Gemeindebücherei, Turnhalle, Omnibus nach Raigern (Bahnhof), Wasserleitung (1894/1927), Elektrifizierung (1922), Kindergarten ab 1928, Freiwillige Feuerwehr (1886), Raiffeisenkasse (1892), Wassergenossenschaft (1910), Milchgenossenschaft (1920).
Bildung: einklassige Schule, ab 1870 zweiklassig, 1883 dreiklassig. 1926 tschechische Schule, erweitert zu Bürgerschule 1935.

Kulturerbe:

Pfarrkirche St. Margareta: erbaut auf Veranlassung des Stiftes Bruck. Dreischiffige Basilika Ende des 13. Jh. mit Veränderungen um 1500 (spätgotisches Westtor); Umbau 1582, frühbarocker Giebel der Westwand 1583. Chor mit Fünfachtel-Schluss. Quadratischer Turm, im zweiten und dritten Geschoss Sternrippengewölbe mit schönen figürlichen Konsolen und Sitznischen. Schallfenster 1583, Kragsteine vom ehemaligen Wehrgang. Geschweifter Pyramidenhelm. Quadratischer Mittelschiffpfeiler und die auf Konsolen sitzenden Rippen der Seitenschiffe 13. Jh., Netzrippengewölbe des Mittelschiffes um 1500. Westliche stern- und netzrippengewölbte spätgotische Empore mit Vierpässen und Wappenschildern
(eines aus 1504) in der Maßwerkbrüstung. Chor kreuzrippengewölbt, zwei gekuppelte Dreipass-Sitznischen mit Resten ornamentaler Malerei in der rechten Nische. Dreieckig geschlossene Sakramentsnische mit Gitter 13. Jh. Spätgotisches Sakristeitor mit alter eisenbeschlagener Tür. Frühgotischer, noch romanisch wirkender Taufkessel. Kanzel um 1780 sonst Neueinrichtung von Homola, Brünn (Brno).
Unter dem Chor Krypta. Orgel von Rieger in Jägerndorf 1891. Auf dem Turm vier Glocken; die schwerste (20 ztr) 1609 zu Ehren der Jungfrau Maria gegossen von Georgius Stinzmann, die zweite (10 ztr) aus 1545 von Adam Cantri, die dritte, der hl. Margareta geweiht 1714 von Sigmund Kerker in Brünn (Brno), die vierte aus dem Jahr 1409, den vier Evangelisten gewidmet.

Pfarrhof: Zweigeschossiger dreiflügeliger Bau aus der ersten Hälfte des 18. Jh.

Stiftung des Prämonsratenserklosters Bruck: 1222 Patronatsrecht.
Unter Konrad Otto, Fürst von Prag, wird die erste Stiftung des Klosters von Bruck (Klosterbruck bei Znaim (Znojmo)) bestätigt. Das Dorf blieb beim Kloster.

Antonikapelle

Bildsäule „Ecce Homo“ von 1407

Gedenkstein in Bezug auf die Schlacht von 1185 an der Straße nach Prahlitz (Pravlov).

Siegel:

Das ältere Siegel mit der Inschrift „TREV UND BESTENDIGKEIT DER LODENITZER“ hat als Wappen das Klosterbrucker Wappen, am Schild unterhalb des Adlers den Buchstaben W. Das neuere Siegel zeigt einen Rosenstrauß mit der Umschrift „GEMEINDE LODENITZ“.

Persönlichkeiten:

  • Josef Luksch (*06. März 1866 Lodenitz, +26. November 1936 Lodenitz), Abgeordneter im Mährischen Landtag und im Reichsrat für den Bund der Landwirte. Senator in Prag und Genossenschafter. Mitinitiator für den Bau der Eisenbahnlinie Pohrlitz-Branowitz.
  • Josef Holik (*23. Juni 1902, +28. Juni 1973 in Würzburg), Genossenschaftsexperte.

heimatkundliche Literatur:

Glotz, Josef: Lodenitz. Schicksale eines südmährischen Dorfes an der Sprachgrenze, 1972.

Weblinks:

Genealogie:

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