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Schamers

Ortsansicht von Schamers

Die Pfarrkirche St. Ãgidius

Tschechischer Name: Číměř

Fläche: 1.145 ha

Einwohner 1910: 555 in 106 Häusern (554 dt. Ew.), 1930: 531 in 108 Häusern (460 dt. Ew.), 2010: 710.

heutiger Verwaltungsbezirk: Jindřichův Hradec (Neuhaus)

Matriken: seit 1606.

Lage:

Schamers liegt 5 km nordnordwestlich von Neubistritz (Nová Bystřice). Das Straßenangerdorf besteht aus den Ortsteilen Klitschka-Mühle, Dracler-Mühle, Elendshäuser; und liegt auf 515 m Meereshöhe.

Geschichte:

Bei der Grenzziehung 1179 wurde der Genitzbach zur Grenze zwischen Böhmen und den österreichischen Ländern. Schamers wurde vermutlich im Zuge der Kolonisation des Neuhauser Landes im 13. Jh. gegründet.

Der Ort wurde 1359 (mit Kirche) erstmals urkundlich erwähnt, gehörte bis 1463 dem Stift Wittingau (Třeboň) und war danach im Besitz der Herren von Neuhaus. Von diesen wurde Schamers zum Markt erhoben und erhielt das Privileg für den Salzhandel und ein Wappen. Nachweislich wurde bereits im 14. Jh. der Weg von Bistritz nach Neuhaus befahren.

Der Name in der heutigen Schreibweise ist erstmals 1579 eingetragen. Zwischen 1594 und 1773 gehörte die Kirche zum Patrozinium des Jesuitenkollegs in Neuhaus und wurde 1620 mit der Pfarre Oberbaumgarten (Horní Pěna) vereinigt. Zwischenzeitlich war die Pfarre utraquistisch. Im Zuge der Gegenreformation während des Dreißigjährigen Krieges wurde sie wieder katholisch.

1675 erlangte Schamers Marktfreiheit und wurde somit vom Robot befreit, den nun die zum Dorfgericht gehörenden Ortschaften übernehmen mussten.

Im 18. Jh. stieg die Einwohnerzahl mit der Einführung der Leinenweberei stark an
1793 erhielt Schamers von Kaiser Franz II. weitere Marktprivilegien.

Beim Bau der Kaiserstraße zwischen 1824 und 27 mussten die Bewohner von Schamers Fronarbeit leisten. Durch diese neue Verkehrsverbindung zwischen Wien und Prag wurde die wirtschaftliche Bedeutung von Schamers größer. Durch die 1854 fertiggestellte Eisenbahnverbindung geht diese Bedeutung jedoch wieder zurück. Die Leinenweber sind danach zumeist als Mauerer tätig.

1881 wurden nochmals drei Viehmärkte genehmigt, der letzte wurde 1893 abgehalten.
Im Garten des Rathauses wurde 1893 eine Obstbaumschule eingerichtet. Auch entlang der Reichs- und Bezirksstraße wurden Obstbäume gepflanzt. Zwischen 1900 und 1902 wurden der Bach durch die Wassergenossenschaft reguliert und die Wiesen durch verschiedene Maßnahmen ertragreicher gemacht. In den nächsten Jahren entwickelte sich die Milchwirtschaft in Schamers durch Verbesserung der Rinderzucht („Simmentaler Fleckvieh“) immer mehr zur Haupteinnahmequelle.
1890 wurden beiderseits der Durchgangsstraße Linden gepflanzt.

Vor dem Ersten Weltkrieg suchten viele Schamerser Arbeit in Wien.
Bis 1918 verkehrte die Postkutsche über Schamers zwischen Neubistritz (Nová Bystřice) und Neuhaus (Jindřichův Hradec). Danach wurde eine private Linie per LKW bzw. per Bus eingerichtet, die 1930 verstaatlicht wurde. Daneben blieb eine private Buslinie bestehen.

Schamers war speziell bis 1918 aber auch danach beliebt als Sommerfrische bei Pragern und Wienern.

Im Ersten Weltkrieg verlor Schamers 23 Bewohner.
Nach der Entstehung der Tschechoslowakei 1918 begann die Zuwanderung tschechischer Familien. Im Ort entstanden eine tschechische Schule und ein Kindergarten.

Als Schamers 1938 ein Bestandteil des nationalsozialistischen Deutschen Reiches geworden war, wanderten viele tschechische Einwohner wieder ab.

Am 24. August 1944 gerieten drei Häuser in Brand, als ein getroffener amerikanischer Bomber in den Ort stürzt. Eine Frau kam dabei ums Leben. Die zuvor mit dem Fallschirm abgesprungenen amerikanischen Soldaten wurden im Kriegsgefangenenlager Döllersheim in Niederösterreich interniert.
24 Schamerser fielen an der Front oder blieben vermisst.

Vertreibung 1945/46:
Am 12. Mai 1945 kamen Revolutionsgardisten in den Ort und besetzten die Gendarmeriekaserne. Zwischen 20. und 24. Mai wurden fünf Männer (NSDAP-Funktionäre und Ortsrepräsentanten) im Gefängnis Neuhaus inhaftiert und misshandelt.
Am 29. Mai mussten fast alle deutschen Einwohner innerhalb von zwei Stunden den Ort verlassen. Alte und Gebrechliche mussten auf Handwagen transportiert werden. Die zurückgebliebenen Familien wurden zur Zwangsarbeit herangezogen und später nach Deutschland abgeschoben.

Am 14. Juni 1964 wurde die Nachbargemeinde Guttenbrunn (Dobrá Voda) eingemeindet. Weiters zum Gemeindegebiet gehören Weißenbach (Bílá, früher Vyšpachy), Neustift (Lhota), Schönborn (Nová Ves), Grambach (Potočná, früher Krampachy) und Heumoth (Sedlo).

Wirtschaft und Infrastruktur:

Landwirtschaft: Anbau von Getreide, Kartoffeln, Kraut und Futterrüben, Flachs (18. und 19. Jh.), Forstwirtschaft (Hälfte des Gemeindegebietes war Wald), Teichwirtschaft.

Gewerbe: zwei Mühlen (seit 17. Jh.), zwei Ziegeleien (bis 1918), Zementziegelerzeugung, Steinverarbeitungsbetrieb, Schüttkasten (später Fassbinderwerkstatt), Holzschuherzeugung, Strickerei, Kleingewerbe.

Schulen: seit 1670, 1859 und 1885 erweitert, tschechische Schule ab 1922.

Einrichtungen: Kindergarten (1930er Jahre), Postamt (1869), Telegrafenamt (1890), Gendarmerieposten (1906), Wasserröhrenkasten (1839), Elektrifzierung (1929), Mütterberatungsstelle (1929), Armenhaus, Busverbindung nach Wien (bis 1940); Freiwillige Feuerwehr, Bauernbund (1900-1918), Verschönerungsverein (1907-1910), Turnverein, Kulturverband, Bund der Landwirte, Landwirtschaftliches Casino (1904), Riaffeisenkasse (1897).

Kulturerbe:

Pfarrkirche des hl. Ägidius: aus der ersten Hälfte des 14. Jh. Um 1614 wurde die ursprünglich gotische Kirche durch Hinzufügen eines Turmes und von zwei Seitenschiffen zu einem dreischiffigen tonnengewölbten, niedrigen Langhaus mit etwas höherem Mittelschiff umgebaut und in der zweiten Hälfte des 17. Jh. barockisiert. Chor mit Dreiachtel-Schluss, nördlich gotische kreuzrippengewölbte Sakristei, gotisches Tor. Neoromanische Einrichtung, Seitenaltäre aus der Umbauzeit des 17. Jh. Barocke Vesperbildgruppe; klassizistischer Kreuzweg um 1780; frühbarocker Westturm. Hauptaltar 1896 von Mathias Neubauer erneuert, 1896 von demselben Meister Kanzel erbaut. Hölzerne Statuen von Adolf Vogel aus Innsbruck 1885. Orgel 1863 von Fr. Jüstl aus Krumau erneuert.

Statue des Joh. v. Nepomuk auf der Brücke über den Gatterschlager Bach, zweites Viertel des 18. Jh.

Rathaus, ursprünglich von 1676, nach Brand von 1843 wieder aufgebaut.

Barocker Brunnen auf dem Markt (18. Jh.).

Steinernes Marterl, 1689 (Straße Richtung Neubistritz).

Persönlichkeiten:

heimatkundliche Literatur:

Binder, Josef: Heimatbuch des Marktes Schamers in Böhmen, 1908.

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